MIT DEM ZUG NACH PORTUGAL.

MIT DEM ZUG NACH PORTUGAL.

Die etwas andere Reise zur neuen Kollektion. 

25 Stunden mit dem Zug quer durch Europa von Aschaffenburg nach Porto. 

Unser Ziel mit DIRTS ist es, eine Marke für nachhaltige, langlebige und hochwertige Streetwear aufzubauen. Nicht Fast Fashion, sondern Slow Fashion ist unser Kredo. Unsere Kollektionen sind bewusst überschaubar und wir setzen lieber auf ausgewählte Schnitte und Farben, die für unsere Kunden über lange Zeit einen festen Bestandteil in ihrem Kleiderschrank bilden. In wenigen Tagen kommt unsere Kollektion für Herbst/Winter. Wir haben uns deshalb mal wieder auf den Weg nach Portugal gemacht und unsere Produzenten besucht. Dort haben wir einen Blick auf die Herstellung unserer geliebten Kleidungsstücke geworfen. Für den Weg dorthin haben wir das Wort „Slow“ aus der Bezeichnung Slow Fashion sehr wörtlich genommen und entschieden uns, die Strecke Aschaffenburg - Porto mit dem Zug zu bewältigen: 25 Stunden Reisezeit - 2500km quer durch Europa!

Ein Reisebericht unseres Inhabers Philipp über den Trip nach Portugal:

Montag, 4:58 Uhr - der Wecker klingelt. Am Abend zuvor noch ein Handballspiel gehabt und erst kurz nach 24 Uhr zum Schlafen gekommen. Leider auch noch verloren. Aber egal, die Vorfreude auf die Reise holt mich aus dem Bett und in den nächsten 25 Stunden werde ich ja bestimmt mal noch bisschen die Augen zu machen können. Zwei Rollkoffer stehen schon gepackt parat und ab zu Fuß zum Bahnhof. Aschaffenburg schläft noch... 

5:36 Uhr Gleis 8 Aschaffenburg Hbf erstmal mit dem RegionalExpress nach Frankfurt. Los geht die wilde Fahrt. Der Zug brechend voll. Scheinbar pendeln so einige Frühaufsteher Richtung Mainmetropole. Ich bin einigermaßen wach und das sogar noch ohne den ersten Kaffee. Erstmal meinen Kollegen Marc anrufen, der aus Rüsselsheim nach Frankfurt kommt: „Bist du wach?“ 

6:24 Uhr Ankunft am Frankfurter Hauptbahnhof. Marc war wach und empfängt mich bereits mit laufender Kamera am Gleis. Er begleitet die Reise und ist für die filmische und fotografische Dokumentation verantwortlich. Eins vorweg: er machte einen großartigen Job und nahm das mit der Videodokumentation sehr ernst. Bereits nach wenigen Minuten war ich von der Kamera in meinem Gesicht leicht genervt. Kann aber auch an der Uhrzeit gelegen haben. Erstmal Kaffee jetzt.

6:58 Uhr Abfahrt mit dem ICE nach Paris. Man kann über die Deutsche Bahn ja viel schimpfen, aber wenn man früh bucht und einen Platz in der 1. Klasse zum Super Sparpreis (70€ pro Person) ergattert, dann ist das definitiv die entspannteste Art um von Stadt zu Stadt zu reisen. Also geht‘s mit Tempo 300 bei Sonnenaufgang Richtung Stadt der Liebe. Kurz vor Straßburg fragt unser Nachbar, ob ich ein Schauspieler aus einer Daily Soap sei. Er habe mich schon irgendwo mal gesehen. Was so eine Videokamera auf einer Reise alles ausmacht... für Marc war das natürlich ein gefundenes Fressen und der Running Gag für die nächsten 23 Stunden war geboren. Mit dem Mann, der die Frage gestellt hatte, kamen wir dann übrigens noch in Gespräch: deutscher Auswander, der jetzt hauptsächlich in Nepal lebt und dort eine Kaschmirwolle Produktion betreibt. Er sei gerade auf dem Weg zu seinem Kunden Hermès. Haute Couture trifft kleines Label aus Aschebersch. 

10:40 Uhr Ankunft in Paris Gare de l‘Est. Die Sonne scheint und Großstadtluft weht uns um die Nase. Wir sind kurz traurig, dass das hier nur eine kurze Zwischenstation ist. Also ab in die Métro und quer durch die Stadt zum Gare Montparnasse. Von dort gehts weiter mit dem TGV Richtung Süden. Hoffentlich sehen wir kurz den Eiffelturm.

30min später Ankunft Gare Montparnasse. „Komm lass schnell mal rausgehen und irgendwo bisschen Pariser Flair aufsaugen.“ Die Gegend um Montparnasse scheinbar nicht die schönste Ecke und ein Blick auf Eiffelturm oder sonstige Sehenswürdigkeit ganz und gar ausgeschlossen. Aber dafür typisches Pariser Bistro mit Espresso für 5€ gefunden. Prosit auf die dummen Touristen.

12:47 Uhr Abfahrt mit dem TGV von Paris nach Hendaye an die spanische Grenze. Eins muss man den Franzosen lassen - Züge können sie! Sitze und Innenausstattung im TGV à la bonheur. Ebenfalls faszinierend: nach nur 2h Fahrtzeit sind wir ohne Zwischenstopp bereits in Bordeaux. Das ist sehr schnell! Dafür läuft‘s ab Bordeaux dann deutlich gemächlicher zu und für das letzte Viertel brauchen wir nochmals genau so lange. Die Stimmung im Zug ist gut. Kurz mal gedöst und sonst fleißig am Laptop gearbeitet. Ist ja schließlich Montag und keine Urlaubsreise. W-Lan auch super stabil. Also bisher eine perfekte Zugreise ohne Verspätungen oder sonstigen Zwischenfällen. Geht doch!

17:35 Uhr Ankunft Hendaye: kleiner Ort, kleiner Bahnhof direkt an der Grenze zu Spanien. Letzte Chance auf französisches Essen bevor wir den Nachtzug durch Spanien besteigen. Also raus aus dem Bahnhof und Lage checken. Der Ort gibt nicht viel her: eine Bäckerei mit baskischen Spezialitäten und eine Kneipe lachen uns an. Also decken wir uns mit Backwaren ein und gönnen uns anschließend zwei Bier mit Blick auf das beschauliche Bahnhofsgebäude. „Monsieur, l‘addition s‘il te plaît“ – „douze euros!“ Was 12€ für zwei kleine Bier? Der Wirt meint die Regierung sei schuld. Alles ist teurer geworden und er ist glühender Anhänger der Gelbwesten. Ok wir müssen los und für tiefergehende Diskussionen reicht mein Französisch auch nicht aus.

Jetzt wird‘s ernst, der Nachtzug wartet: 11 Stunden Fahrt durch ganz Spanien. Marc fragt: „Haben wir eigentlich Schlafkabinen?“ Ich: „Keine Ahnung. Konnte ich bei der Buchung nicht auswählen, aber ich geh mal davon aus.“ 

18:30 Uhr, wir betreten den Zug. Ich lag falsch. Es gibt keine Schlafkabinen. Ein Großraumabteil mit alten, durchgesessen Stoffsitzen ist die Realität. Es ist eng, voll, warm und es riecht nach Schweiß. Alles was wir zuvor an Komfort in ICE und TGV kennenlernen durften, ist binnen Sekunden wie weggeblasen. Wir lassen uns erstmal ernüchtert in unsere Sitze fallen und der Zug rollt los. Ich muss an die legendäre Antwort im Familienduell denken: „Nennen sie mir einen Ort mit wenig Beinfreiheit.“ - „Spanien!“ 20 Jahre später verstehe die Antwort endlich. Aber hilft ja nichts, ab an die Bar ins Bordbistro. Dort hebt sich Stimmung. Wir treffen auf hauptsächlich junge Interrail-Reisende und gönnen uns noch ein paar Bier, in der Hoffnung, dass sie uns zum später zum Einschlafen verhelfen. Währenddessen versuche ich mal wieder vergeblich einem Amerikaner die Sportart Handball zu erklären. 

22:00 Uhr: der Zug gerade irgendwo im spanischen Niemandsland wir beschließen mal auf unsere Plätze zugehen und wollen den Versuch wagen ein bisschen Schlaf zu finden. Schließlich müssen wir ja um 4.45 Uhr auch schon wieder aussteigen, um auf die letzte Etappe nach Porto umzusteigen. Die Situation im Großraumabteil unverändert: voll, eng, aus irgendeinem Grund lässt sich die Heizung nicht runterdrehen und frische Luft ist auch was anderes. Naja probieren wir es mal: Kopfhörer rein, entspannte Musik an und Augen zu. Der Zug rumpelt im Schneckentempo über spanische Gleise. Nach 10 Minuten sticht die Sitzlehne in der linken Hüfte. Positionswechsel. Nach 10 Minuten sticht die Sitzlehne in der rechten Hüfte. Noch dazu hat der Lokführer scheinbar alle 20min  richtig Bock auf Stop and Go in irgendeinem spanischen Provinzbahnhof. Das Dilemma ist perfekt - einigermaßen schlafen ausgeschlossen. Um 4:30 Uhr klingelt mein Wecker - hätte ja sein können, dass ich tief und fest schlafe und wir wollen ja nicht unsere Station verpassen. Ich war natürlich wach und war jetzt einfach nur froh, dass wir diesen Zug gleich verlassen können. Ich schmeiß Google Maps an und checke unsere Position auf der Landkarte. Komisch bis zum nächsten Halt ist ja noch recht weit... Mist! Zeitumstellung vergessen - Portugal ist eine Stunde zurück. Zu früh gefreut, also noch eine Stunde durchhalten. Marc kann übrigens auch nicht schlafen, aber auf Filmen hat er auch schon lange kein Bock mehr. 

4:45 Uhr - es ist geschafft! Der Nachtzug nach Lissabon erreicht Coimbra, eine Stadt zentral in Portugal und wir dürfen endlich aussteigen und frische Luft atmen. 

5:10 Uhr Abfahrt von Coimbra nach Porto: nur noch 1,5 Stunden bis zum Ziel. Mittlerweile sind wir beide über 24 Stunden mehr oder weniger ohne Schlaf. Es herrscht Stille im Zug. Die Stimmung könnte besser sein, aber das Ziel ist jetzt zum Greifen nah. 

6:46 Uhr Ankunft in Porto: wir sind am Ziel! Pure Erleichterung und ein kleines Lachen blitzt in unseren Gesichtern auf. Wie schön wäre es, wenn wir jetzt in unsere Wohnung gehen könnten und ein bisschen schlafen könnten. Stattdessen haben wir aber ein straffes Programm vor uns: 9 Uhr Meeting in unserer Produktion und letzte Muster für die neue Kollektion checken. Um 11 Uhr kommt dann Katharina, unser gebuchtes Model, aus Lissabon angereist. Mit dem Zug natürlich. Und ab 12 Uhr heißt es Foto-Shooting mit der neuen Kollektion. Marc und ich sind bereit. Hatten ja schließlich genug Schlaf im Nachtzug ;-)

Dienstag, 22:00 Uhr: der Tag neigt sich dem Ende entgegen. Endlich im Apartment. Wir sind jetzt knapp seit 40 Stunden wach. Foto-Shooting ist im Kasten. Muster für die neue Kollektion sind bestätigt. Ab ins Bett! Mittwoch nochmals in die Fabrik und neue Projekte mit unseren Produzenten besprechen. Donnerstag dann Freizeit und Porto geniessen, bevor es am Nachmittag wieder zurück Richtung Deutschland geht. 

Naja und die Rückreise wollen wir nicht verschweigen: kein Zug, sondern Flug war die Wahl. Wir hatten Freitag wieder Termine und wenn man per Flugzeug in nur 4 Stunden von Porto nach Aschaffenburg kommen kann und dabei noch deutlich weniger zahlt, als mit der Bahn, dann fällt es schwer, sich nochmals für 25 Stunden in den Zug zu setzen. Wir legen natürlich Wert auf Nachhaltigkeit und achten bei unseren Geschäftsreisen so gut es geht auf eine möglichst klimafreundliche An- und Abreise. Aber manchmal geht es halt nicht anders und jeder Flug weniger ist schon ein guter Anfang. 

Kleine Anekdote noch zum Rückflug: Unser Flug aus Porto nach Lissabon hatte 2 Stunden Verspätung und so verpassten wir unseren Anschlussflug nach Frankfurt. Also wurden wir auf eine Maschine am nächsten Morgen umgebucht und mussten noch eine Nacht in Lissabon verbringen. Am Ende waren wir wieder fast 24 Stunden unterwegs. Hätten wir auch den Zug nehmen können... 

#teamdirts

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NEUE KOLLLEKTION AB NOVEMBER

 

 

 

 

 

 

 

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